Börsenkurse verändern sich nicht einfach so. Kursschwankungen sind kein Zufall. Sie gehorchen immer ihrer eigenen Logik. Ebenso verhält es sich mit der Geldanlage. In diesem Artikel erkläre ich dir die moderne Portfolio Theorie

Einer der wichtigsten Grundgedanken in der modernen Vermögensverwaltung ist die Senkung des Anlagerisikos mittels Streuung des Vermögens auf verschiedene Anlagekategorien, die man im Fachjargon als Asset-Klassen bezeichnet. Die Auswirkungen der Diversifikation stehen seit langem im Mittelpunkt des Interesses der Finanzwissenschaften. Kein anderes Thema beschäftigt Praktiker und Theoretiker gleichermaßen. Die zentrale Bedeutung der Beziehung zwischen Risiko und Rendite in der wissenschaftlichen Diskussion ist kein Zufall. Derjenige Investor, der die Natur des Risikos versteht, ist denjenigen überlegen, die dies nicht tun. Dazu kommt, dass sich nahezu alle Konzepte im Kontext von Risiko und Profit schlechthin auf die grundlegenden Vorgänge in der menschlichen Psyche übertragen lassen. Börse war und ist nichts anderes als Massenpsychologie! Die Beschäftigung mit diesem fast schon philosophischen Thema lohnt sich also allemal und gilt als Pflichtübung für jeden ambitionierten Anleger. Die positiven Auswirkungen der Diversifikation auf Risiko und Profit eines Portfolios lassen sich am nachfolgenden Beispiel sehr einfach veranschaulichen:

Beispiel

Nehmen wir einmal zwei Aktiengesellschaften zum Vergleich. Die eine produziert warme Winterbekleidung, die andere luftige, leichte Sommermode. In heißen Zeiten laufen die Geschäfte der Sommermoden AG äußerst profitabel, ihr Gewinn und auch der Aktienkurs steigen. In einer kalten Zeit geht er natürlich zurück. Konträr dazu verläuft der Gewinn und der Kurs der Wintermoden AG. Betrachtet man den langfristigen Durchschnitt, so gibt es gleich viele kalte wie heiße Jahre. Der Anleger hat demnach drei Investment-Möglichkeiten zur Auswahl: Er kann seine Anlagemittel entweder komplett in die Aktien der Sommermode AG oder die der Wintermode AG investieren. Oder er investiert in beide Gesellschaften im Verhältnis 50:50. Bei langfristiger Betrachtung wäre die durchschnittliche Rendite aller drei angenommenen Portfolios in etwa gleich. Dennoch wäre die 50:50- Variante die überlegene, da sie praktisch keinerlei Renditeschwankungen aufweisen würde.

Dieses Beispiel ist sicherlich im Vergleich zum realen Wertpapiermarkt stark vereinfacht. Wie wir in den vorangegangenen Abschnitten erörtert haben, müssen im Rahmen einer systematischen Vermögensverwaltung natürlich die konjunkturellen Schwankungen zusätzlich berücksichtigt werden. Dennoch bringt dieses einfache Beispiel den Effekt der Diversifikation deutlich zum Ausdruck. Außerdem zeigt es indirekt, dass zwei Aktien aus derselben Branche einen denkbar geringen Diversifikationseffekt bieten. Schließlich entwickeln sie sich im längerfristigen Vergleich meist parallel.

Natürlich entwickeln sich die Kursverläufe von Aktien in der Praxis höchst selten unabhängig voneinander, denn von bestimmten Faktoren werden alle Aktien gleichzeitig beeinflusst – so zum Beispiel von volkswirtschaftlichen und politischen Einflüssen oder auch von der allgemeinen Marktsituation und der Stimmung des Anlegerpublikums. Unter dem Strich verlaufen die Kurse der Aktien überdies praktisch niemals genau parallel, aber dennoch

häufig mehr oder weniger ähnlich. Ferner sind die Korrelationen zwischen verschiedenen Aktien und/oder Aktienmärkten im zeitlichen Ablauf nicht ganz stabil. Ebenso wie deren Renditen schwanken auch sie, aber deutlich geringer. Grundsätzlich gilt aber auch hier, dass die Volatilität deutlich schwächer wird, je länger der Betrachtungszeitraum ausfällt. Es stellt sich die berechtigte Frage, ob man unter gewissen Umständen ganz auf Diversifikation in einem Portfolio verzichten kann? Diese Frage lässt sich bedingt mit Ja beantworten. Wenn Sie an das eingangs angeführte Beispiel zurückdenken, müsste der Anleger mit Bestimmtheit voraussagen können, welche der beiden Aktiengesellschaften im angepeilten Jahr den höheren Gewinn erwirtschaften wird. Kann er das, dann kann er auch in das jeweils profitabelste Unternehmen investieren.

Nun lassen sich zwar auf der Basis einer gesunden Analyse bestimmte Rahmenbedingungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussagen, eine genaue Treffsicherheit gibt es aber nicht. Diese Erfahrung müssen Terminmarkthändler, bei deren Investments es immer um Alles oder Nichts geht, leider immer wieder machen. Aus diesem Grund kann nur jedem privaten Anleger empfohlen werden, die Vorteile der Diversifikation auch für seine Zwecke zu nutzen.

Damit man aber in den Genuss der Diversifikation kommt, muss man nicht unbedingt Asset- Klassen finden, deren Aktionärsrenditen eine gegenläufige Entwicklung aufweisen. Beobachtungen haben gezeigt, dass die Korrelation der Aktionärsrenditen von Gesellschaften, die in unterschiedlichen nationalen Märkten operieren, geringer ist als bei Gesellschaften innerhalb eines nationalen Marktes. Ganz besonders niedrig ist die Korrelation zwischen den Aktienmärkten der westlichen Industrieländer und denen der Schwellenländer. Der risikosenkende Effekt von Investments in diesen Ländern ist daher hier besonders groß. Die landläufige Meinung, dass im Zuge der wirtschaftlichen Integration und der Globalisierung die Korrelationen zwischen den globalen Aktienmärkten zunehmen würden, ist nicht richtig. Nehmen wir als Beispiel zwei verschiedene Aktienfonds, die beide eine durchschnittliche Rendite von 10 Prozent und dasselbe Risiko, gemessen an der Volatilität, aufweisen. Je schwächer die angenommene Korrelation zwischen den Fonds ist, desto geringer ist auch das Risiko des Gesamtportfolios. Daraus folgt, dass die globale Ausrichtung eines Portfolios im Rahmen der modernen Portfoliotheorie einer der wichtigsten Faktoren ist. Mit Investmentfonds lässt sich diesem Faktor besonders einfach und effizient Rechnung tragen.